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Wasserfuhr Quartet 22.03.10

 

Julian Wasserfuhrs magischer Trompetenton
Brüder überzeugen mit Band im Café Hahn mit vorzüglichem Jazz - Hommage an Esbjörn Svensson
KOBLENZ. Deutschland verfügt über exzellente Jazz-Trompeter. Während Till Brönner, der Star der Szene, auf höchstem technischen Niveau zuweilen gekünstelt wirkt und Nils Wülker ebenfalls fast perfekt intonierend manchmal zu viel Weichzeichner in seinem Spiel zulässt, geht der Jüngste der Zunft klar und gelassen zu Werke. Der antiglamouröse Julian Wasserfuhr ist schon sehr weit für sein Alter. Mit Bruder Roman im Quartett zeigte der 22-Jährige im Café Hahn auf Einladung des Jazzclubs, dass die heutige Jugend auch anspruchsvolle Tonkunst draufhat.
Die Viererbande legt recht ungestüm los mit dem expressiven "Trainwalk". Doch das Tempo nehmen die Musiker bei "Love", einer Liebeserklärung an Julians Freundin, gleich wieder heraus. Klanglich ist das jedoch keine pure Romantik: Mit Experimentellem startet Tastenmann Roman (25) diese Ballade, die sich live im Gegensatz zur Version vom neuen Album "Upgraded In Gothenburg" (produziert vom Starposaunisten Nils Landgren) in ein grandioses Stück verwandelt, in dem der magische Trompetenton wie ein Echolot auf harte wie präzise Trommelschläge von Oliver Rehmann (27) und ein heftiges Zupfen des Kontrabasses durch Benjamin Garcia (29) trifft.
Das Quartett erweist ich als extrem homogen, so als ob es bereits Jahrzehnte kooperiert. Bei den Brüdern ist das ja auch tatsächlich schon recht lange der Fall: Roman macht die Ansagen und ist der Impulsgeber, während Julian erst an seinem Instrument seine Schüchternheit ablegt. Respekt zollen sie dem großen, 2008 beim Tauchen umgekommenen Esbjörn Svensson in der Lars-Danielsson-Komposition "Song For E.". Der stammt ebenfalls von der neuen Scheibe, auf der der schwedische Vorzeige-Bassist Danielsson den Tieftöner bewegt. Melancholie legt sich wie ein Schleier über die Nummer, Flügelmann und Bläser steuern Loops aus der Unterwasserwelt bei. Tragisch-schöne Momente.
Unbeschwert geht"s im swingenden Hardbop von "Geno The Shoeshine" weiter, während "Blue Desert" mit herrlich schrägen Trompetenläufen überzeugt. Julian weiß den Atem so zu kontrollieren, dass so etwas wie der permanente Ton entstehen kann. Chet Baker ist "das" Vorbild für ihn. "Smoke Gets In Your Eyes", eine Hommage an den Nomaden, Geschlagenen und ausdrucksstarken "James Dean des Jazz", bestätigt: Wasserfuhr ist kein Imitator, sondern ein eigenständiger, brillanter Musiker, der in den heiligen Zirkel der intimen Baker"schen Kunst einzudringen vermag, aber die warme und melodische Coolness freier handhabt.
Die Premiere im "Hahn" meistern die Wasserfuhrs samt Kollegen mit Bravour, der kräftige Applaus ist hochverdient. Und die Zugabe (mehr Einsatz vom werten Publikum, und es hätte mehr als eine gegeben) von "Toccata" offenbart nochmals die Qualitäten von Roman, der hier für einen schnellen wie virtuosen Anschlag sorgt. Und sein Bruder gibt derweil ein wenig den Dizzy Gillespie.
Michael Schaust
RZ Koblenz & Region vom Donnerstag, 25. März 2010, Seite 24.

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